In letzter Zeit lesen wir in unserer Fachliteratur vermehrt Artikel zu der Frage, ob Trinkgelder von Kunden an einen Unternehmer steuerpflichtig oder steuerfrei sind. Obwohl die Frage an sich nicht neu ist, wird dieses Thema gerade in Betriebsprüfungen immer wieder aufgegriffen. Deshalb wollen wir Ihnen an dieser Stelle eine Übersicht bieten und Ihr Wissen um aktuellen Handlungsbedarf auffrischen:
[ Worum geht es? ]
Zu allererst muss man sagen: In diesem Bereich gibt es eine klare Ungerechtigkeit gegenüber Unternehmern.
Während Arbeitnehmer Trinkgelder, die sie von Kunden erhalten, steuerfrei in die eigene Tasche stecken dürfen, müssen Unternehmer Ihre Trinkgelder wie jeden anderen Umsatz ganz gewöhnlich versteuern. Das bedeutet, ein Trinkgeld wird sowohl einkommensteuer- als auch umsatzsteuerpflichtig. Es wird einer darin enthaltenen „fiktiven“ Umsatzsteuer unterworfen.
Beispiel: Sie erhalten € 100,- Trinkgeld („sozusagen brutto“) : Davon sind € 3,79 Umsatzsteuer (aktuell 16%) an das Finanzamt abzuführen. Im Rahmen der Einkommensteuer werden die restlichen € 86,21 dann mit Ihrem persönlichen Steuersatz besteuert. Bei einem angenommenen Beispielsteuersatz von 25%, läge die Einkommensteuer (ohne Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) bei € 21,55.
Über Ungleichbehandlung von Unternehmern und Arbeitnehmern könnte man an dieser Stelle viel diskutieren, das hilft aber leider gar nichts, denn der Bundesfinanzhof hat diese Vorgehensweise bereits im Jahr 1972 und erneut in 2014 als richtig bestätigt und seine Meinung in Diskussionen und Klagen seither nicht geändert.
[ Handlungsbedarf ]
Bitte denken Sie daran, dass Sie in irgendeiner Form handschriftliche Aufzeichnungen führen müssen, aus denen sich ergibt, welche Trinkgelder Sie an welchem Tag eingenommen haben. Diese Listen benötigen wir künftig auch als Anlage zu Ihrer Finanzbuchhaltung.
[ Problematik ]
Sofern Sie die Trinkgelder zusätzlich als Bestandteil einer Kartenzahlung einnehmen, achten Sie doch bitte darauf, dass wir eine Abrechnung bzw. Anmerkung zur Aufteilung Umsatz / Trinkgeld bekommen, aus der diese Positionen ersichtlich sind.
Sind Trinkgelder (insbesondere in den Branchen Gastronomie und Taxi) nicht hinreichend aufgezeichnet oder aber findet der Betriebsprüfer das Trinkgeld „nach Erfahrungswerten / der Statistik zu gering“, kann das zu erheblichen Diskussionen und Hinzuschätzungen zum Umsatz führen.
[ Wichtige Ausnahme: Trinkgelder-Pool an Arbeitnehmer ]
Wenn Sie die erhaltenen Trinkgelder Ihrer Arbeitnehmer in einer gemeinsamen „Trinkgeldkasse“ einsammeln und aus diesem Topf später alle Arbeitnehmer gleichmäßig beteiligt werden (z.B. in Gastronomien verteilt unter Kellnern und Küche), dann geht regelmäßig „der persönliche Bezug zwischen Gast und Mitarbeiter“ verloren. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer nicht die unverzügliche Verschaffungsmacht am Trinkgeld hat, sobald der Unternehmer es einsammelt und auf alle umlegt (auch wenn er selbst nichts davon hat). Demzufolge werden dann sogar die Trinkgelder an Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungspflichtiger Bestandteil des Arbeitslohnes und sind in der Lohnabrechnung zu erfassen.
Umgehen können Sie dieses Problem jedoch, in dem Sie niemals das Trinkgeld in einen gemeinsamen Topf einsammeln. So hat der Arbeitgeber zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf das Trinkgeld. Jeder Arbeitnehmer erhält sein Trinkgeld zur eigenen Verfügung in vollem Umfang und gibt rein freiwillig einen Teil davon an die Kollegen weiter.
[ Abschließende Worte ]
Es gilt wie immer: Wenn Sie Fragen noch haben, melden Sie sich doch bei uns.
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[ Gender Disclaimer ] Unsere Blogbeiträge schreiben wir zum besseren Lesefluss im generischen Maskulinum. Alle Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen.